Mit Weinglas und Krone: die Deutsche Weinkönigin
Echte Töchter der Weinberge sollten sie sein, von kräftiger Statur, kerngesund und apfelbäckig: Was sich anhört wie ein Casting für die weibliche Hauptrolle eines 50er Jahre Heimatfilms, ist tatsächlich gar nicht so weit davon entfernt, handelt es sich doch um das zur damaligen Zeit gängige Wunschprofil der Kandidatinnen für die Wahl der Deutschen Weinkönigin. Die Zeiten, in denen die hübsch blond bezopften und selbstredend schön brav gebliebenen Mariandls nur einen Walzer tanzen und freundlich lächelnd eine lustige Rede vortragen mussten, sind jedoch schon lange vorbei. Heute ist die Deutsche Weinkönigin, die jedes Jahr aufs Neue gewählt wird, eine knallharte Businessfrau, die die Vorzüge eines Pfälzer Rieslings oder Spätburgunders selbst Weinneulingen wie den Chinesen unterbreiten muss. Denn besonders bei reicheren Chinesen wird der Genuss von Wein immer beliebter, auch aus Prestigegründen, versteht sich. Mehr dazu können Sie hier nachlesen.
Natürlich sollte die Deutsche Weinkönigin auch heutzutage mit deutlich erkennbaren körperlichen Vorzügen gesegnet sein, denn schließlich gilt ja nach wie vor das Motto "Sex sells". Aber neben dem guten Aussehen und einer zumindest rudimentären Tanzbegabung zählen eben auch fundierte Fachkenntnisse in Önologie und Kellertechnik sowie ein gewisses Maß an Schlagfertigkeit und Beredsamkeit. Und weil die königliche Weinmajestät ja auch ins Ausland reisen muss, sollte sie einige Fremdsprachen beherrschen und sich zum Thema Exportwissen schlau gemacht haben, beispielsweise im Rahmen eines speziellen Vorbereitungsseminars, das seit 2009 in Neustadt an der Weinstraße im Vorfeld der Wahl besucht werden kann. Denn die jungen Damen, die mittlerweile auch verheiratet oder geschieden sein dürfen, wollen ja immerhin nach den Sternen greifen und geben sich nicht mit dem Titel einer schnöden "Mostprinzessin" zufrieden.
Nein, die "Deutsche Weinkönigin" muss es schon sein, schließlich ist der begehrte Titel nicht selten das Sprungbrett zu einer großen Karriere in Politik, Marketing, in der Gastronomie oder im eigenen Winzerbetrieb. Und so stellen sich jedes Jahr 13 hoffnungsfrohe Gebietsweinköniginnen aus allen Weinbauregionen Deutschlands zur Wahl und beantworten die fachlichen Fragen von etwa 70 Jurymitgliedern. Nur sechs Mädels schaffen es in die engere Auswahl und dürfen während der feierlichen Galaveranstaltung Spontaneität, Charme und Witz unter Beweis stellen. Der Siegerin obliegt dann ein ganzes Jahr lang die Aufgabe, den deutschen Wein auf Messen, Weinfesten und bei anderen Gelegenheiten zu bewerben. Die diesjährige Deutsche Weinkönigin kommt übrigens aus Dernau an der Ahr und punktete bei den Juroren mit Fachwissen, Charme und ihrem eleganten Auftreten: Während eines Shanghaibesuchs durften sich davon auch schon die Chinesen überzeugen.
Bild: Sonja Christ (rechts) krönt ihre Nachfolgerin, die 62. Deutsche Weinkönigin Mandy Großgarten von der Ahr.Foto(s): www.deutscheweinkoenigin.de